Knietief im Dispo – Die Stundung beim Finanzamt

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Diese Situation kennt sicherlich der ein oder andere freie Medienschaffende. Die Mahnung des Finanzamtes flattert ins Haus, der Kontostand reicht aber annähernd nicht aus, um die Steuernachzahlung zu begleichen. Was also tun, damit das Finanzamt nicht das Konto pfändet und in Kürze der Vollziehungsbeamte der Vollstreckungsstelle vor der Tür steht? Wie kann man die Fälligkeit hinausschieben? Im Steuerrecht spricht man dabei von der „Stundung“.

Von Gastautor Rüdiger Schaar

Gesetzlich ist geregelt, dass das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen Steuernachzahlungen stunden kann, soweit die Einziehung eine erhebliche Härte für den Steuerpflichtigen bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Während der Stundung kann das Finanzamt keine Säumniszuschläge wegen verspäteter Zahlung erheben und auch keine Vollstreckungsmaßnahmen treffen. Ob dem Antrag letztendlich aber gefolgt wird, ist eine Ermessensentscheidung des Finanzbeamten. Insoweit bedarf es einer ausführlichen und nachvollziehbaren Argumentation. Oftmals empfiehlt es sich, dabei fachliche Hilfe einzuholen.

Stundung der Einkommensteuer

An dieser Stelle sei bereits anzumerken, dass Einkommensteuernachzahlungen für das Vorjahr in der Regel keine Stundung rechtfertigen. So wird vom Steuerpflichtigen erwartet, dass er die laufenden Steuerzahlungen überblickt und entsprechende Rücklagen schafft. Für eine Stundungsgewährung der Vorjahressteuer wäre erforderlich, dass der Steuerpflichtige aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und auch nicht in der Lage ist, sich diese Mittel auf zumutbare Weise zu verschaffen. Denn grundsätzlich wird dem Steuerpflichtigen zugemutet, dass er einen Kredit zur Begleichung der Steuerschuld aufnimmt. Seitens des Finanzamtes wird daher häufig ein Nachweis gefordert, dass Anfragen bei Kreditinstituten erfolglos verliefen. Es empfiehlt sich somit, seine Steuererklärung vorausschauend und rechtzeitig zu erstellen, um sich auf Nachzahlungen einstellen zu können.

Stundung der Umsatzsteuer

Grundsätzlich ist auch eine Stundung der Umsatzsteuerzahlungen möglich. Dies ist in der Praxis allerdings so gut wie nie anzutreffen, da das Finanzamt argumentiert, dass die Umsatzsteuer nur im Auftrage des Staates eingenommen wird, sie für den Unternehmer also nur ein durchlaufender Posten ist. Und des Weiteren hat der Empfänger, soweit er Unternehmer ist, die Vorsteuer auch schon geltend gemacht. Da das Finanzamt diese somit an ihn erstattet hat, schließt es eine Stundung auf Seiten des Leistungserbringers aus.

Härtefälle

Eine erhebliche Härte im Sinne des Steuerrechts liegt vor, wenn eine sofortige Zahlungsverpflichtung den Medientreibenden seiner wirtschaftlichen Existenz berauben würde. Die Zahlung müsste ihn also in ernsthafte Schwierigkeiten bringen oder sogar existenzgefährdend sein. Im Rahmen des Antrages sollte daher dargelegt werden, dass man sich in einer vorübergehenden, nicht selber verursachten, finanziellen Krise befindet und die Zahlung nicht fristgerecht möglich erscheint. Beispiele für eine vorübergehende Zahlungsschwierigkeit, die eine Stundung rechtfertigen, sind z.B.

  • Krankheit
  • Naturkatastrophen
  • Forderungsausfälle
  • Wegfall eines bedeutenden Kunden
  • Schleppender Zahlungseingang
  • hohe Steuernachforderungen aufgrund von Betriebsprüfungen

Stundungswürdigkeit des Steuerpflichtigen

Neben der Darlegung der vorübergehenden Zahlungsschwierigkeit muss der Steuerpflichtige weiterhin stundungswürdig sein. Dies bedeutet, dass er die wirtschaftliche Notlage nicht selbst herbeigeführt hat und sich auch nicht auf die Steuernachzahlung und auf den Zahlungstermin hätte einstellen können. Denn soweit die Zahlungsmittel anderweitig eingesetzt wurden, ist eine Stundung beim Finanzamt nicht möglich. Die wirtschaftliche Notlage ist dem Finanzamt dabei glaubhaft zu machen. Das Finanzamt verlangt hierzu eine Vermögensaufstellung vom Steuerpflichtigen. Aufgrund der gesetzlichen Regelung ist der Steuerpflichtige dabei zur Mitwirkung verpflichtet. Kommt er dieser nicht nach, ist die Ablehnung der Stundung vorprogrammiert.

Weiterhin darf der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet sein. Dies wäre der Fall, wenn die Einziehung zu einem späteren Zeitpunkt voraussichtlich nicht oder nur schwer möglich sein würde. Das Finanzamt muss daher in die Lage versetzt werden, beurteilen zu können, ob die wirtschaftliche Entwicklung des Steuerpflichtigen als positiv einzustufen ist.

Ratenzahlung ist möglich

Mit dem Stundungsantrag sollte ein Ratenzahlungantrag mit detailliertem Zahlungsplan eingereicht werden. Eine Ratenzahlungsvereinbarung von mehr als sechs Monaten ist dabei allerdings nicht möglich. Und kostenlos ist das kurzfristige Darlehen des Finanzamtes auch nicht. Für den Stundungszeitraum fallen monatlich Zinsen von 0,5% - ein Jahreszins von 6% - an.

Das Finanzamt versieht Stundungen in der Regel mit dem Vorbehalt des Widerrufs. Dies bedeutet jetzt allerdings nicht, dass man täglich aufgrund der Gemütslage des Finanzbeamten damit rechnen muss, dass er die Stundung widerruft. So ist ein Widerruf nur bei sachlich zu rechtfertigenden Gründen möglich. Soweit eine Ratenzahlung vereinbart wurde, widerrufen die Finanzbehörden in der Regel die Stundungen, soweit die Zahlungstermine nicht eingehalten werden.

Lehnt das Finanzamt den Stundungsantrag ab, ist es verpflichtet, den Steuerpflichtigen hierüber schriftlich zu unterrichten. Dem Steuerpflichtigen bleibt die Chance, gegen die Ablehnung Einspruch einzulegen, soweit nach Überprüfung der Ablehnung festgestellt wird, dass das Finanzamt Vorschriften nicht oder mangelhaft angewendet hat. Wird auch der Einspruch abgelehnt, bleibt nur noch die Chance, vorläufigen Rechtsschutz beim Finanzgericht zu erwirken. Da ist Eile geboten!

Rüdiger Schaar ist Steuerberater, betreut das Informationsportal www.medienvorsorge.de und betreibt für Freischreiber, den Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, eine Hotline zu allen Fragen der Steuer und der Künstlersozialkasse. Bei medialdigital.de veröffentlicht er in unregelmäßiger Folge Steuer- und Sozialversicherungstipps für Journalisten.

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  • VN

    Es empfiehlt sich, mit dem Amt bzw. der Vollstreckungsstelle zu telefonieren. Schriftlich sind die Finanzämter unnachgiebig und einseitig, aber im persönlichen Gespräch lässt sich durchaus etwas aushandeln. Zum Beispiel Aufschub der Forderungen für eine gewisse Zeit oder die Höhe der Abschlagszahlungen.